PROPOSALS
PROPOSAL - 05.06.03 |
1 Zusammenfassung
Eine detailierte Kenntnis der elektronischen Struktur von Atomen, Molekülen, Clustern und Festkörpern ist Grundlage jeden Verständnisses der Materie. Die Fähigkeit diese Struktur ohne Zuhilfenahme empirischer Daten zu berechnen (first-principles Verfahren) und aus ihr ableitbare chemische und physikalische Eigenschaften der betrachteten Systeme vorauszusagen eröffnet vielfältige Möglichkeiten experimentelle Daten zu ergänzen oder zu erklären, sowie chemische und physikalische Prozesse gezielt zu steuern. Die modernen quantenchemischen Methoden ermöglichen teilweise quantitative Untersuchungen an Systemen beachtlicher Größe und Komplexität. Die auf diesem Gebiet erzielten Erfolge schlugen sich u.a. in der Verleihung des Nobelpreises für Chemie im Jahre 1998 an den Quantenchemiker John A. Pople [1] und den Theoretischen Physiker Walter Kohn [2] nieder. Die Namen der geehrten Forscher stehen einerseits für die traditionelle, mit Wellenfunktionen arbeitende Quantenchemie sowie andererseits die in der Festkörperphysik entwickelte und heute auch in der Computational Chemistry sehr erfolgreich eingesetzte Dichtefunktionaltheorie. Die Auszeichnung dieser beiden Forschungsrichtungen kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß es, auch ein Jahrhundert nach den ersten quantentheoretischen Arbeiten von M. Planck, bei der Mehrelektronentheorie und ihrer effizienten Anwendung auf chemisch-physikalische Fragestellungen eine Vielzahl noch nicht zufriedenstellend gelöster prinzipieller und technischer Probleme gibt. Beispiele sind die i.allg. ungünstige Skalierung des Rechenaufwandes von Wellenfunktionsverfahren mit der Systemgröße oder die Konstruktion zuverlässigerer Dichtefunktionale. Hier setzt der geplante Schwerpunkt an. Er umfaßt die Gebiete der Theoretischen Chemie (Quantenchemie), der Theoretischen Physik (Atom-, Molekül- und Festkörperphysik) sowie der Angewandten Mathematik. Das zentrale Thema ist die Entwicklung leistungsfähigerer Methoden für Elektronenstrukturberechnungen. Eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit von bisher weitgehend getrennten Arbeitsrichtungen bzw. Forschergruppen und die Untersuchung der sich dadurch ergebenden innovativen Ansätze soll bewirken, daß die Theorie noch mehr als bisher eine wirkungsvolle Ergänzung zum Experiment bietet, dieses in Ausnahmefällen sogar ersetzen kann. Gleichzeitig sollen die noch vorhandenen Schwächen bereits bestehender, in ihrem Ansatz im Grunde erfolgversprechender Verfahren untersucht und durch gezielte Verbesserungen behoben werden. Fortschritte sind insbesondere durch Synergieeekte aus weitgehend gemeinsamen methodischen Entwicklungen in den klassischen Wellenfunktionsverfahren und der hierzu alternativen Dichtefunktionaltheorie zu erwarten. Der first-principles Charakter der im Schwerpunkt vorangetriebenen Methoden sollte unverkennbar sein, da er unabdingbare Voraussetzung für deren systematische Verbesserung und universelle Anwendbarkeit ist. Eine systematische Weiterentwicklung verläßlicher und effizienter theoretischer Methoden für Mehrelektronensysteme hin zu Standardmethoden eröffnet außer in Chemie und Physik auch in der Bioforschung und der Materialforschung neue Forschungsmöglichkeiten.
2
Wissenschaftliches Programm
2.1 Stand der
Forschung
Elektronenstrukturberechnungen an Atomen, Molekülen, Clustern,
Polymeren und Festkörpern sind heute ein wichtiger Bestandteil
der Chemie und Physik, erlangen jedoch auch zunehmend in
angrenzenden technologisch interessanten Gebieten wie der Bio-
und Materialforschung Bedeutung. In vielen Fällen ist es bereits
möglich, komplexe experimentelle Befunde an Hand von
theoretischen Untersuchungen qualitativ zu erklären oder den
Ausgang von Experimenten sogar quantitativ korrekt vorherzusagen.
Die raschen Fortschritte der Computertechnologie erlauben nicht
nur den Einsatz traditioneller quantentheoretischer Verfahren auf
immer komplexere Probleme, sondern eröffnen auch Möglichkeiten
für innovative Methoden und neue Rechentechniken. Deren
praktische Umsetzung und Anwendung scheiterte noch vor Jahren
oftmals an den begrenzten zur Verfügung stehenden Ressourcen.
Neue methodische Ansätze wurden daher häufig weder theoretisch
in allen Aspekten ausgearbeitet noch als konkurrenzfähige
Standardverfahren implementiert. Da jeder theoretische
Formalismus in der Praxis nur so gut sein kann, wie es seine
numerische Implementierung erlaubt, sind numerische Verfahren ein
integraler Bestandteil der heutigen quantentheoretischen
Methodenentwicklung. Mehr denn je erfordert eine erfolgreiche
Forschung fundierte Kenntnisse aus unterschiedlichen Gebieten (Chemie,
Informatik, Mathematik, Physik) und ein weitgehend interdisziplinäres
Arbeiten.
Eine gute Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment,
insbesondere bei Systemen mit schweren Atomen, wird nur dann
erzielt, wenn die wichtigsten Beiträge der (speziellen)
Relativitätstheorie in den Berechnungen berücksichtigt werden.
Die quantitative Erfassung relativistischer Effekte in Chemie und
Physik wurde im letzten Jahrzehnt stark verbessert, u.a. durch
Arbeiten im Rahmen eines ausgelaufenen DFG-Schwerpunktprogrammes
[3] und eines entsprechenden Programmes der ESF [4]. Das
verbleibende zentrale Problem der first-principles
Mehrelektronentheorie ist nunmehr die möglichst genaue und
effiziente Erfassung der Elektronenkorrelation, d.h. des Anteils
der Elektronenwechselwirkung, der über die Näherung unabhängiger
Elektronen in einem mittleren Feld hinausgeht. Für die
theoretische Behandlung von Mehrelektronensystemen existieren
heute im wesentlichen zwei routinemäßig eingesetzte Zugänge:
Wellenfunktionsverfahren und Dichtefunktionalverfahren. Neben
diesen inzwischen schon traditionellen Rechenverfahren spielen
direkte Simulationen der Schrödingergleichung in Quanten-Monte-Carlo-Methoden
oder Dichtematrixverfahren bislang eine eher untergeordnete Rolle.
Auch diese für Elektronenstrukturberechnungen möglicherweise
sehr erfolgreich einsetzbaren Verfahren sollen neben den
Standardmethoden im Rahmen des Schwerpunktprogramms gefördert
werden.
Die bei der Berechnung von Atomen und Molekülen am weitesten
entwickelten, auf Festkörper jedoch bisher nur sehr selten
angewendeten Methoden sind die Wellenfunktionsverfahren (WFV),
bei denen explizit versucht wird, Näherungslösungen für die
mit dem exakten Vielteilchen-Hamiltonoperator formulierte Schrödingergleichung
zu finden. Die WFV werden wegen der Möglichkeit systematischer
Verbesserungen oftmals auch als ab initio Methoden im
eigentlichen Sinne bezeichnet. Sie gestatten sehr genaue
Berechnungen, haben jedoch als wesentliche Nachteile die ungünstige
Skalierung des Rechenaufwandes mit der Elektronenzahl und die
sehr langsame Konvergenz der Resultate bei Vergrößerung der Ein-
bzw. Mehrelektronenbasis. Diese beiden Eigenschaften führen zu
beträchtlichen Einschränkungen bezüglich der Größe der
behandelbaren Systeme bzw. bezüglich der Genauigkeit, mit der
ein System vorgegebener Größe berechnet werden kann. In den
letzten Jahren sind jedoch erhebliche Fortschritte bei der
Behebung dieser Schwierigkeiten erzielt worden. Durch
konsequentes Ausnutzen des lokalen Charakters der
Elektronenkorrelation ist man auf dem Wege zu im Rechenaufwand
linear mit der Elektronenzahl skalierenden Verfahren bzw. hat
dies bereits erreicht. Andererseits kann man durch geschicktes
Einführen des interelektronischen Abstandes in die
Wellenfunktion eine wesentlich bessere Konvergenz der Ergebnisse
bezüglich der Größe der verwendeten Basis erreichen.
In Konkurrenz zu den WFV haben in den letzten Jahren die in der
Festkörperphysik sehr verbreiteten und erfolgreichen
Dichtefunktionalmethoden (Density Functional Theory, DFT)
einen ausgesprochenen Siegeszug in der Quantenchemie angetreten.
Nach dem Hohenberg-Kohn-Theorem ist die Grundzustandsenergie
eines Mehrelektronensystems ein universelles Funktional der
Elektronendichte. Mit Hilfe des Kohn-Sham-Formalismus (KS)
gelingt weiter die Abbildung des Mehrelektronenproblems auf ein
Modellsystem nichtwechselwirkender Elektronen, d.h. eine
effektives Einteilchenproblem und damit eine beträchtliche
Reduktion des rechentechnischen Aufwandes. Da jedoch der exakte
funktionale Zusammenhang bzw. die zugrunde liegende Abbildung
unbekannt ist, existiert die ganze Spannbreite von
semiempirischen Parametrisierungen bis hin zu physikalisch
motivierten ad hoc Ansätzen für das Funktional. Dieser Nachteil
der DFT wird jedoch weitgehend dadurch ausgeglichen, daß das
sehr günstige Preis-Leistungs- Verhältnis in vielen Fällen von
anderen Verfahren kaum zu übertreffen ist.
2.1.1
Wellenfunktionsmethoden
In der Quantenchemie ist eine Reihe von systematisch
verbesserbaren - im Grenzfall exakten" - Methoden zur
Lösung der Vielteilchen-Schrödingergleichung bekannt, z.B. der Coupled-Cluster-Ansatz
(CC), die Konfigurationswechselwirkungs-Methode (Configuration
Interaction, CI), sowie störungstheoretische Verfahren (Many-body
Perturbation Theory, MBPT). Dabei wird i.allg. zuerst eine
endliche Einteilchenbasis aus üblicherweise atomzentrierten
Basisfunktionen gewählt. Durch näherungsweise Lösung des
Mehrelektronenproblems im Rahmen des Modells unabhängiger
Teilchen, z.B. dem Hartree-Fock-Verfahren (HF), erhält man eine
orthogonale Orbitalbasis, aus welcher sich wiederum eine endliche
orthogonale Basis im Vielteilchenraum in Form von
Slaterdeterminanten konstruieren läßt. Ausgehend vom Unterraum
der in der genäherten Lösung enthaltenen Slaterdeterminanten,
definiert man (z.B. mit Hilfe von Klassen elektronischer
Anregungen bzgl. der HF-Slaterdeterminante) eine Zerlegung des
Vielteilchenraums in orthogonale Unterräume. Eine exakte"
Methode besteht nun aus einem hierarchischen System von Näherungen
auf diesen Unterräumen, welche gegen das exakte"
Ergebnis im vorgegebenen endlich-dimensionalen Raum konvergiert.
Um zum physikalisch exakten Ergebnis zu konvergieren muß darüberhinaus
auch die Einteilchenbasis bis zum Basissatzlimit erweitert werden.
Sowohl die formale Aufteilung des Vielteilchenraums, als auch die
gebräuchlichen Erweiterungen der Einteilchenbasis, tragen den
zugrundeliegenden physikalischen Prozessen jedoch oftmals nur
unzureichend Rechnung. So läßt sich die kurzreichweitige
Elektronenkorrelation durch atomzentrierte Basisfunktionen nur
schlecht beschreiben [5, 6] und in manchen Fällen ist es
schwierig, auf Grund von Fastentartung mehrerer Zustände, eine
geeignete Aufspaltung in Unterräume zu finden, welche mit der
gewählten Methode kompatibel ist [7].
Ein großer Teil des Erfolges heutiger quantenchemischer
Verfahren beruht auf der Tatsache, daß sehr viele chemisch
relevante Systeme einen geschlossenschaligen Charakter besitzen.
Solche Systeme können mit Hilfe der auf dem Eindeterminanten-Ansatz
beruhenden o.a. Standardverfahren (HF+CC, +CI, +MB- PT) oder der
DFT sehr genau bzw. hinreichend genau beschrieben werden. Die für
diese Methoden bis heute entwickelten Verfahren sind sehr
effizient und können, abhängig vom individuell notwendigen
Rechenaufwand, mit guter Genauigkeit auf Systeme mit bis zu ca.
20 - 50 Atomen angewendet werden. Im Gegensatz zu
geschlossenschaligen Systemen entziehen sich offenschalige
Systeme (Radikale, Biradikale, Systeme mit Übergangsmetallen mit
partiell besetzten d- und/oder f-Schalen) in vielen Fällen einer
einfachen Beschreibung, da bereits eine qualitative Betrachtung häufig
eine Linearkombination mehrerer Determinanten als Wellenfunktion
berücksichtigen muß. Die naive Anwendung von Eindeterminanten-
Ansätzen führt in diesen Fällen in der Regel zu einer
artifiziell unbalancierten Beschreibung. Einen Ausweg ermöglichen
entweder Single-Referenz-Verfahren, die sehr hohe
Anregungsgrade berücksichtigen, oder sogenannte Multi-Referenz-
Verfahren (MR), bei denen die Erfassung der Korrelation von einer
Wellenfunktion mit mehreren gleichberechtigten Determinanten
startet. Das älteste MR- Verfahren ist die MRCI-Methode, deren
wichtigster Vorteil ihre Flexibilität bzgl. der
Referenzwellenfunktion und dem Anregungsgrad ist. Ein
schwerwiegender Nachteil ist jedoch der hohe rechentechnische
Aufwand, der ihre Anwendung auf größere Systeme nahezu unmöglich
macht. Durch eine interne Kontraktion der Referenzwellenfunktion
[8, 9, 10] läßt sich ein effizientes MRCI-Verfahren entwickeln,
welches beliebige Referenzwellenfunktionen mit tausenden von
Determinanten (bzw. Konfigurationszustandsfunktionen, CSFs) zuläßt.
Alternativ können modizierte Methoden eingesetzt werden, in
denen nur ein kleiner, in einer vorausgehenden individuellen
Selektion als wichtig erkannter Teil der durch Anregung von der
Referenz-Wellenfunktion erzeugten Slaterdeterminanten mit Hilfe
der aufwendigen MRCI-Methode beschrieben wird, während der
weitaus größere Teil mit Hilfe der numerisch einfacheren Störungstheorie
erfaßt wird [11, 12, 13]. Ein weiterer Mangel ist das Problem
der Nicht-Größenkonsistenz von MRCI-Verfahren, welches bei
mehreren dem MRCI-Verfahren verwandten Ansätzen näherungsweise
behoben wird (z.B. Multi-Refenz-Variante des Averaged Coupled-pair
Functional Ansatzes von R. Ahlrichs, MR-ACPF, u.a.).
In anderen Ansätzen umfaßt der variationell beschriebene Anteil
eine MCSCF- (Multi-configuration Self-consistent Field)
oder eine CASSCF-Wellenfunktion (Complete Active Space Self-consistent
Field) [14]. Der Einfluß weiterer Anregungen wird im
einfachsten Falle störungstheoretisch erfaßt, wie dies z.B. im
CASPT2- Ansatz [15, 16] der Fall ist. Falls der CAS-Raum alle für
den betrachteten Prozeß relevanten Molekülorbitale umfaßt
werden i.allg. sehr gute Ergebnisse erhalten. Da jedoch z.B. ein
Bindungsbruch zu erheblichen Veränderungen in den Molekülorbitalen
führt, erfordert eine verläßliche Beschreibung häufig eine (für
die meisten größeren Systeme unmögliche) Full-Valence-CAS-Rechnung.
Eine intern kontrahierte, nicht nur auf CAS-Referenzwellenfunktionen
beschränkte Multi- Referenz-Störungstheorie (Multi-reference
Perturbation Theory zweiter und dritter Ordnung, MRPT2 bzw.
MRPT3) ist z.B. im Programmpaket MOLPRO (H.- J. Werner, P.J.
Knowles) implementiert [17]. Ein älterer von Pulay und anderen
entwickelter Ansatz [18] geht ebenfalls von einer MCSCF-Wellenfunktion
aus und ist im DIESEL-MRCI-Programmpaket [13] enthalten. Ähnliche
Ansätze existieren von Hirao [19, 20] sowie von Murphy und
Messmer [21]. Die Wahl der Referenzen bzw. die Wahl des aktiven
Raumes sind in vielen Fällen jedoch nicht nach physikalisch wünschenswerten
Gesichtspunkten möglich, sondern werden durch Beschränkungen
bei Hard- und Software bestimmt. Neben den für die Chemie
wichtigen Untersuchungen der Dissoziation von Bindungen sind ein
weiteres Beispiel hierfür ab initio Berechnungen
magnetischer Wechselwirkungen zwischen Atomen/Ionen mit offener d-
oder gar f-Schale. Diese sind z.B. wichtig bei der Untersuchung
von Hochtemperatursupraleitern und können heute für Low-spin-Zustände
die für den sog. Superaustausch wichtigen Anregungen aus
Ligandenorbitalen in den wenigsten Fällen berücksichtigen [22].
Eine Verbesserung der Möglichkeiten zur ab initio
Bestimmung der in Modell-Hamiltonoperatoren verwendeten
Parameter, z.B. der Austauschkopplungskonstante im Heisenberg-
Hamiltonoperator, würde sich sehr positiv auf entsprechende
Modellrechnungen der Festkörperphysik auswirken.
Bei der Verwendung von MR-Ansätzen stellt die Bestimmung der
optimierten geometrischen Parameter ein wesentliches Problem dar,
da analytische Gradienten bisher standardmäßig nur für das
CASSCF-Verfahren zur Verfügung stehen. Da die völlige Vernachlässigung
der dynamischen Korrelation im allgemeinen zu wenig genauen
Bindungsabständen führt, sind die CASSCF-Geometrien häufig
nicht optimal für eine darauf aufbauende, die dynamische
Korrelation erfassende, MRCI-Rechnung. Ein MRCI-Energiegradient,
wie er bislang im COLUMBUS- Programmpaket zur Verfügung steht,
ist ausgesprochen aufwendig und nur für kleinere Moleküle
praktikabel. Die Entwicklung eines Energiegradienten für
individuell selektierende MRCI-Verfahren oder für die Multi-Referenz
Møller-Plesset Störungstheorie 2. Ordnung (MRMP2) könnte diese
Probleme beheben [23].
Die ursprünglich aus der Kernphysik stammenden CC-Methoden [24]
haben sich im letzten Jahrzehnt, neben den (MR)CI-Verfahren, als
die Standardverfahren für hochgenaue quantenchemische Rechnungen
etabliert. Nicht nur für Gesamtenergien sondern auch für
Eigenschaften wie Gleichgewichtsgeometrien,
Schwingungsfrequenzen, NMR-Verschiebungen, usw. konnte gezeigt
werden, daß CC-Rechnungen mit Berücksichtigung von
Dreifachanregungen im Cluster-Operator in vielen Fällen
Ergebnisse von nahezu quantitativer Genauigkeit liefern.
Umfangreiche Testrechnungen deuten darauf hin, daß der CCSD(T)-Ansatz
[25], d.h. die störungstheoretische Berücksichtigung der
Dreifachanregungen (triples, T) im Cluster-Operator im
Anschluß an eine CC-Rechnung mit Ein- und
Zweifachanregungsoperatoren (singles, S; doubles,
D), einen exzellenten Kompromiß zwischen Genauigkeit und
Rechenaufwand darstellt. Die Verfügbarkeit von analytischen
Gradientenmethoden vereinfacht CCSD(T) Geometrieoptimierungen
entscheidend [26]. Daneben bietet die CC-Theorie im Rahmen der Response-Theorie
effiziente Techniken zur zuverlässigen Berechnung von
frequenzabhängigen Eigenschaften, z.B. von dynamischen
Polarisierbarkeiten und Hyperpolarisierbarkeiten, sowie von
Anregungsspektren [27].
Die Aussagen des vorigen Abschnitts gelten allerdings nur für
die Anwendung von CC-Methoden zur Beschreibung
geschlossenschaliger Systeme. Die theoretische Behandlung
offenschaliger Systeme im Rahmen der CC-Theorie ist hingegen
weitaus schwieriger und bereitet nach wie vor Probleme. Zwar
lassen sich die sogenannten offenschaligen High-Spin-Zustände
relativ einfach über einen Spinorbitalansatz ausgehend von Unrestricted-Hartree-Fock-
oder Restricted-Open- Shell-Hartree-Fock-Referenzzuständen
(UHF bzw. ROHF) beschreiben, allerdings sind solche Rechnungen
zum einen aufwendiger als entsprechende Rechnungen für
geschlossenschalige Systeme und werden zum anderen durch
Spinkontaminationseffekte beeinträchtigt [28]. Hinzu kommt, daß
bei der Verwendung von UHF- und ROHF-Referenzfunktionen häufig
Probleme mit Symmetriebrechungen bedingt durch Instabilitäten
der zugrundegelegten Referenzdeterminante auftreten [29]. Es
wurden in der Literatur eine Reihe verschiedener Ansätze
vorgeschlagen, um das Spinkontaminationsproblem zu lösen. Während
in der Spin-restricted-CC- Variante zusätzliche
Spingleichungen den korrekten Spinerwartungswert garantieren,
basieren die sogenannten spin-adaptierten CC-Verfahren auf einem
explizit spin-adaptierten Cluster-Operator [28]. Eine generelle Lösung
hat sich jedoch noch nicht abgezeichnet, da zum einen alle spin-adaptierten
Ansätze eine hohe mathematische Komplexität aufweisen,
weiterhin bislang unklar ist, wie man im Rahmen solcher Ansätze
effizient Dreifachanregungsbeiträge berücksichtigen kann, und
es schließlich Hinweise darauf gibt, daß CCSD(T)-Rechnungen für
offenschalige Systeme nicht immer die gleiche Genauigkeit
aufweisen wie entsprechende Rechnungen für geschlossenschalige
Verbindungen.
Noch viel schwieriger erweist sich in der CC-Theorie die
befriedigende Behandlung von sogenannten Low-Spin-Systemen.
Die üblichen CC-Ansätze versagen hier, weil diese von einer
einzigen Slater-Determinante als Referenzzustand ausgehen und in
der Regel verlangen, daß durch diese Determinante eine
qualitativ korrekte Beschreibung gegeben ist. Zwar gibt es eine
Reihe theoretischer Ansätze zur Beschreibung dieser Systeme im
Rahmen der CC-Theorie (Fock- Space-CC-Methoden [30],
Hilbert-Space-CC-Methoden [31], usw.), aber auch hier -
vor allem bedingt durch die weitaus komplexere Struktur der CC-Theorie
im Vergleich zur CI-Theorie - existiert noch keine befriedigende
Lösung. Die derzeit zur Verfügung stehenden Methoden mögen für
einzelne Fälle adäquate Lösungen darstellen, können aber
nicht als generelle Ansätze zur Behandlung von Multi-Referenz-Fällen
in der CC-Theorie betrachtet werden. Am vielversprechendsten sind
vielleicht die sogenannten State-selective-MRCC-Ansätze
[31], wie sie von Paldus und Mitarbeitern formuliert und in
Pilotprogrammen implementiert wurden. Die komplexe Struktur der
zu lösenden Gleichungen verhindert bislang die Umsetzung in gängige
quantenchemische Programmpakete.
Ein weiteres Problem der CC-Theorie - vor allem angesichts der
großen Popularität der DFT - ist der hohe Rechenaufwand. Der
Rechenbedarf für CCSD(T)-Rechnungen skaliert mit der siebten
Potenz der Molekülgröße, was natürlich ihre Anwendung auf
kleine bis mittelgroße Moleküle (10 bis 20 Atome) beschränkt.
CC-Methoden erfreuen sich daher großer Beliebtheit für
Benchmark- Rechnungen, werden jedoch seltener bei der Lösung
konkreter chemischer Fragestellungen eingesetzt. Bedenkt man
jedoch das große Potential der CC-Methoden, so ist diese
Situation bedauerlich und es wäre wünschenswert, durch eine
Reduzierung des Rechenaufwands, die Anwendbarkeit der CC-Methoden
signifikant zu steigern und das Verfahren auch für große
Systeme praktikabel zu machen. Erste Ansätze in diese Richtung
werden in der Arbeitsgruppe von Werner (Stuttgart) verfolgt.
Drastische Rechenzeiteinsparungen werden hierbei durch die
Verwendung sogenannter lokaler Korrelationsansätze, wie sie
zuerst von Pulay und Mitarbeitern vorgestellt wurden, erzielt [32,
33, 34]. Ein verbleibendes Problem ist der starke Anstieg der
Rechenzeit mit der Basisgröße pro Atom sowie die langsame
Konvergenz der Resultate mit zunehmender Größe der Basis.
Die Anwendung von WFV auf periodische Systeme wurde, als
Alternative zur DFT, in den letzten Jahren stark weiterentwickelt.
Inwischen sind mit Hilfe einer Inkrementenentwicklung der
Korrelationsenergie auf der Basis von lokalisierten Orbitalen bzw.
Wannier-artigen Orbitalen bereits CC-Rechnungen an sehr einfachen
Festkörpern möglich [35]. Allerdings sind sowohl weitere
rechentechnische Verbesserungen notwendig, um zu einem
Routineverfahren zu kommen, als auch methodische Erweiterungen,
um z.B. Metalle beschreiben zu können.
2.1.2
Dichtefunktionalmethoden
Die Dichtefunktionaltheorie (DFT) (siehe z.B.[36]) ist heute
eines der meistverwendeten first-principles Verfahren zur
Behandlung von Vielelektronenproblemen, sowohl in der
theoretischen Festkörper- und Biophysik, als auch in der
Quantenchemie (siehe z.B.[37]). Dabei haben vor allem die drei
folgenden methodischen Entwicklungen zu einer eindrucksvollen
Erweiterung des klassischen Anwendungsspektrums der DFT geführt:
Die Einführung von gradientenkorrigierten Näherungen für die
zentrale Größe der DFT, das Austausch-KorrelationsEnergiefunktional
(Exchange-correlation, xc) Exc, in der Form der Generalized
Gradient Approximation (GGA) [38, 39, 40] hat die Genauigkeit
und Verläßlichkeit von DFT-Resultaten auf ein auch für
quantenchemische Anwendungen akzeptables Niveau gehoben. Der
Plane-Wave-Pseudopotential-Zugang [41] erlaubt die Handhabung
extrem komplexer Systeme, so daß die Diskussion vieler
biophysikalischer Fragestellungen mittels first-principles
Verfahren nun in Reichweite scheint (siehe z.B.[42]). Schließlich
gestattet die Etablierung der zeitabhängigen DFT [43, 44] nicht
nur die Simulation aller Arten von dynamischen Prozessen, sondern
insbesondere auch die Berechnung von angeregten elektronischen
Zuständen [45].
Der wesentliche Vorteil der GGA gegenüber der zuvor üblichen
Standardnäherung, der Local Density Approximation (LDA),
ist dabei, daß zur Darstellung der xc-Energiedichte nicht nur
die lokale Dichte n(r), sondern auch deren erster
Gradient eingesetzt wird. GGAs wurden mittlerweile auf eine
Vielzahl von Systemen erfolgreich angewandt [46, 47, 48], wobei
insbesondere die korrekte Vorhersage für den Grundzustand von
Eisen hervorgehoben werden soll [46].
Es gibt auf der anderen Seite aber nach wie vor mehrere Bereiche,
in denen GGAs das Versagen der LDA nicht korrigieren konnten: Zum
einen gelingt es auch mit GGAs nicht, negative Ionen richtig zu
beschreiben. Der Grund dafür ist die unvollständige Elimination
der elektronischen Selbstwechselwirkung durch den
Austauschbeitrag zur GGA. Während das exakte Austauschpotential
im asymptotischen Bereich endlicher Systeme wie -1/r abfällt,
kann die semilokale Form der GGA diese Asymptotik nicht
reproduzieren. Die Semilokalität ist auch für die zweite Schwäche
der GGA unmittelbar verantwortlich: Dispersionskräfte können
nur entstehen, wenn das xc-Funktional in wirklich nichtlokaler
Form von n(r) abhängt. Van der Waals gebundene Systeme können
daher auf der Basis der GGA prinzipiell nicht diskutiert werden.
Schließlich hat sich gezeigt, daß die GGA ebenso wie die LDA
nicht in der Lage ist, die nichtleitenden AFM-II- Grundzustände
mehrerer Übergangsmetalloxide, d.h. typischer hochkorrelierter
Systeme, zu reproduzieren [49]. Es ist offensichtlich, daß der
Einschluß höherer Gradienten [50, 51] die ersten beiden Schwächen
der GGA nicht beheben kann, im Fall der Übergangsmetalloxide ist
dies zur Zeit noch unklar.
Auch bei einer Reihe von Eigenschaften magnetischer Festkörper
erweist sich die GGA als unzureichend. DFT-Rechnungen unter Berücksichtigung
der Spin- Bahn-Kopplung ergeben in der Regel zu kleine Werte für
den orbitalen Beitrag zur Magnetisierung spontan magnetisierter
Festkörper, da der Einfluß atomarer Korrelationen auf die
orbitale Magnetisierung nicht berücksichtigt wird. Auch bei
anderen mit der orbitalen Magnetisierung zusammenhängenden
Eigenschaften, z.B. der magnetischen Hyperfeinwechselwirkung,
werden vergleichbare Abweichungen vom Experiment gefunden. Von
großer technologischer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die
magneto-kristalline Anisotropie, die sich mit der Anisotropie der
orbitalen Magnetisierung verknüpfen läßt [52, 53]. Bei der
Berechnung von statischen AntwortkoeÆzienten wie Suszeptibilität,
Knight- bzw. chemische Verschiebung, oder magnetischen
Formfaktoren treten ähnliche Probleme auf. Insbesondere kann die
Verstärkung der orbitalen Magnetisierung aufgrund der Elektron-Elektron-Wechselwirkung
unter Umständen zum Auftreten einer orbitalen Magnetisierung
ohne Beteiligung der Spin-Bahn-Kopplung führen[54].
Transporteigenschaften [55] magnetischer Systeme spielen in der
Magneto- Elektronik eine zentrale Rolle. Beim Design von
Bauelementen, die auf der Tunneling Magneto-Resistance (TMR)
beruhen, erlangen sogenannte halbmetallische Übergangsmetalloxide
eine immer größere Bedeutung [56], deren elektronischen
Struktur durch die DFT nicht ausreichend beschrieben wird.
Eine weitere derzeit offene Frage ist die DFT-Beschreibung von
Systemen, die Luttinger-Flüssigkeitsverhalten zeigen, wie etwa
Ketten von Goldatomen [57]. Während Modellrechnungen für ein-dimensionale
Systeme das zentrale Charakteristikum dieser Systeme, die
verschwindende Oszillatorstärke am Fermi-Niveau [58],
reproduzieren können, scheitert eine first-principles
Diskussion mittels DFT- Verfahren bislang vor allem an der
mangelhaften Wiedergabe von Bandlücken durch die GGA.
Sowohl die durch das Austauschfunktional zu gewährleistende
Selbstwechselwirkungskorrektur (Self-interaction Correction,
SIC) als das Korrelations-Phänomen Dispersionskraft zeigen, daß
zur Überwindung der Schwächen der GGA eine vollständig
nichtlokale Darstellung von Exc benötigt wird. Als
aussichtsreichste DFT-Methode zur Gewinnung solcher nichtlokaler
Formen hat sich in der letzten Zeit das Konzept impliziter
Funktionale herauskristallisiert (siehe z.B.[59]). In diesen
verwendet man zur Darstellung von Exc nicht (nur) die Dichte n
sondern auch die KS-Orbitale fk.
Das zugehörige xc-Potential uxc
= dExc
/dn muß in diesem Fall über
eine lineare Integralgleichung [60] bestimmt werden, die simultan
mit den KS-Gleichungen zu lösen ist. Diese Methode des
optimierten (effektiven) Potentials (Optimized Potential
Method, OPM) erlaubt es, den Austausch Ex exakt zu berücksichtigen,
so daß nur noch für die Korrelation eine Näherung verwendet
werden muß. Damit ist das Problem der
Selbstwechselwirkungselimination gelöst, was automatisch die
Diskussion von negativen Ionen ermöglicht [59, 61].
In Anwendungen wurde die OPM bisher entweder im Exchange-only-Limit
eingesetzt [62, 63, 64, 65] oder der exakte Austausch wurde mit
der LDA oder GGA für die Korrelation kombiniert [66, 67, 68].
Allerdings zeigte sich, daß letztere Kombinationen tendenziell
zu schlechteren Ergebnissen führen als die konsistente
Verwendung der GGA (siehe z.B.[59]). Damit rückt die Frage in
den Mittelpunkt, wie ein adäquates orbital-abhängiges
Korrelationsfunktional Ec auszusehen hat, das mit dem exakten Ex
kompatibel ist.
Einen systematischen Zugang dazu bieten störungstheoretische
Methoden auf der Basis des KS-Hamilton-Operators [69, 70].
Bereits das einfachste Funktional dieses Typs, Ec(2),
hergeleitet im Rahmen von zweiter Ordnung Störungstheorie [69,
70], ist in der Lage, Dispersionskräfte zu reproduzieren [70, 71].
Einfache Resummationen der KS-Störungsreihe wurden ebenfalls
bereits vorgestellt, sowohl eine semiempirische Form, die Interaction
Strength Interpolation (ISI) [72], als auch eine explizite
Resummation der Ringgraphen (RPA) [73]. Letzteres Funktional
erlaubt insbesondere auch Anwendungen auf metallische Systeme,
die mit rein perturbativ motivierten Exc nicht angegangen werden
können. Die Entwicklung orbital-abhängiger
Korrelationsfunktionale steht jedoch erst am Anfang. Insbesondere
sind für Funktionale vom Typ Ec(2) eine
Reihe von Fragen bei der Gewinnung des Korrelationspotentials über
die OPM zur Zeit noch offen [74]. Es ist offensichtlich, daß
gerade bei der Entwicklung orbital-abhängiger Ec eine
Befruchtung durch Erkenntnisse, die im Rahmen von WFV gewonnen
wurden, sehr wahrscheinlich ist.
Bei einigen Systemen hat man jedoch festgestellt, dass spindichte-abhängige
Korrelationsfunktionale die magnetischen Eigenschaften nur
unbefriedigend wiedergeben. Daher muß hier auf den allgemeineren
Stromdichtefunktionalformalismus (Current Density Functional
Theory, CDFT) zurückgegriffen werden. Die insbesondere für
Festkörper nur sehr wenigen vorliegenden Erfahrungen mit CDFT [75]
sind ermutigend und lassen das Potential dieses relativ neuen
Zweiges der DFT erkennen.
In ihrer relativistischen Form [70] beinhalten implizite
Funktionale automatisch auch die Strom-Abhängigkeit des
relativistischen Exc, so daß ihr Einsatz auch eine verbesserte
Beschreibung von Systemen mit endlicher orbitaler Magnetisierung
erlauben sollte. Es erscheint daher äußerst vielversprechend,
das relativistische OPM-Verfahren für magnetische Metalle zu
implementieren.
Dynamische Effekte spielen bei der Berechnung spektroskopischer
Eigenschaften oft eine sehr große Rolle. Rechnungen zum
magnetooptischen Kerr-Effekt basieren bislang in der Regel auf
der DFT, jedoch machen Untersuchungen an f- Elektronensystemen
eine Erweiterung dieser formalen Grundlage unabdingbar.
Entsprechende erste Arbeiten an Lanthanoiden- und
Actinoidenverbindungen führten zu einer Verbesserung der
Ergebnisse [76].
Das eher heuristische Orbital-Polarisations-Verfahren (Orbital
Polarisation, OP) nach Brooks hat sich in den letzten Jahren
bei 3d-Metallen als sehr erfolgreich erwiesen [77], nicht jedoch
bei bei 5f-Systemen [78]. Zwar wird durch das OP-Verfahren das
Bahnmoment korrigiert, jedoch werden andere, gleichermaßen mit
der orbitalen Magnetisierung verknüpfte Größen wie
magnetooptische Spektren schlechter beschrieben. Das LDA+U-Verfahren
zielt auf eine verbesserte Beschreibung von Korrelationseffekten
durch Erweiterung des DFT-Hamiltonoperators durch einen Hubbard-artigen
Term ab. Vor allem bei der Behandlung von 3d-Übergangsmetalloxiden
wurden Verbesserungen gegenüber DFT-Rechnungen erreicht [79]. Im
Vergleich mit dem OP-Verfahren liefert LDA+U eine bessere
Beschreibung der f-Energiepositionen bei 4f- und 5f-Systemen,
jedoch wird z.B. die f-Ligand-Hybridisierung nicht richtig
beschrieben, wodurch die magneto-optischen Spektren nicht richtig
erhalten werden [80, 81].
Ein vielversprechender Ansatz zur first-principles
Beschreibung stark korrelierter Systeme besteht darin, die
traditionelle Dichtefunktionaltheorie um eine weitere Dichte",
nämlich um die Diagonale der frequenzabhängigen Einteilchen-
Greensfunktion zu bereichern. Die resultierende
Austauschkorrelationsenergie wird dann ein Funktional der
diagonalen Greensfunktion, das mit Hilfe der sogenannten Dynamical
Mean Field Theory (DMFT) genähert werden kann.
2.1.3
Dichtematrixmethoden
Neben den WFV und der DFT gewinnt inzwischen ein dritter Zugang
zum Mehrelektronenproblem in der Quantenmechanik an Bedeutung.
Anstelle der Welenfunktion bzw. der Elektronendichte spielen hier
die reduzierten Dichtematrizen (Ein- oder
Zweiteilchendichtematrix) eine zentrale Rolle. Im Grunde enthält
die Zweiteilchendichtematrix alle relevanten Informationen,
jedoch scheiterte ihre direkte Berechnung bisher am sogenannten n-Repräsentierbarkeitsproblem.
In- zwischen wurden jedoch Ansätze formuliert (Stichwort Contracted
Schrödinger Equation) [83, 84, 85, 86, 87], die dieses Problem
umgehen. Ein großer Fortschritt auf diesem Sektor wurde durch
die Einführung der Kumulanten-Entwicklung der reduzierten
Dichtematrizen erzielt [88], wie überhaupt Kumulanten zur
Beschreibung starker Korrelation besonders geeignet erscheinen [89].
Ausgehend von der Theorie der Spinketten und aufbauend auf den
Arbeiten von K. Wilson zur Theorie der Renormierungsgruppe ist im
Jahr 1992 von S. R. White eine Abart der
Renormierungsgruppentheorie entwickelt worden, die auf den
Eigenwerten der Zweiteilchendichtematrix für ein Untersystem
aufbaut und mit großem Erfolg auf Systeme mit kurzreichweitigen
Wechselwirkungen angewendet worden ist. Es gibt auch bereits
erste Berichte über Anwendungen dieser
Dichtematrixrenormierungsgruppe (DMRG) in der Quantenchemie [90,
91]. Die DMRG bietet die Möglichkeit, einen neuen Ansatz und
damit neue Approximationsmöglichkeiten für das
Vielteilchenproblem der Quantenchemie mit ab initio
Methoden zu finden. Man steht dabei jedoch vor der Schwierigkeit,
daß der exakte Hamiltonoperator (nicht wie bei den Spinsystemen
ein Modellhamiltonoperator) verwendet werden muß. Es ist bisher
nicht bekannt, wie das Skalierungsverhalten der DMRG-Ansätze in
der Praxis ist, und wie es von den Details des Verfahrens (z.B.
den verwendeten Orbitalsätzen, insbesondere der Lokalisierung
der Orbitale) abhängt.
2.1.4 Numerische
Verfahren
Hat man sich auf eine Methode zur Behandlung des
quantenmechanischen Mehrelektronensystems festgelegt (traditionelle
Vielteilchentheorie, Dichtefunktionale, Hybridmethoden) sind die
entsprechenden i.allg. nichtlinearen mehrdimensionalen
Differentialgleichungen zu lösen. Dazu wurden vollnumerische
Methoden (z.B. Finite Differenzen, Finite Elemente, B-splines)
inzwischen soweit entwickelt, daß sie nicht nicht nur die
Berechnung hochgenauer Lösungen als Benchmarks ermöglichen
sondern dies auch mit guter Effizienz (genau, bei moderatem
Rechenzeit- und Speicherbedarf). Wie wohl bekannt, sind es die
Singularitäten der Kern-Elektron- und Elektron-Elektron-Wechselwirkung,
die die langsame Konvergenz praktischer Berechnungen bedingen.
Inzwischen konnten bedeutsame methodische Fortschritte erzielt
und damit einige wichtige Teile eines umfassenderen
Gesamtkonzeptes umgesetzt und getestet werden, insbesondere im
Zusammenhang mit vierkomponentigen relativistischen als auch
nichtrelativistischen DFT-Anwendungen. Es wurden z.T. erst jüngst
entwickelte mathematische Methoden kombiniert: Finite Elemente (FEM),
Finite Differenzen (FD), Spline Diskretisierung [92],
Transformationstechniken zur (Teil) Regularisierung [93], inverse
Vektoriteration und Mehrgitter-(Mehrskalen) Verfahren zur Lösung
der nach Diskretisierung entstandenen Matrixgleichungen [94],
geometrische Extrapolation über die Iterationen, logarithmische
Extrapolation über die Variablen-(Punkte-)Zahl [95], eine
relativistische LCAO-FEM Defektkorrekturmethode zur Beseitigung
spurioser Lösungen bei gleichzeitiger Effizienzsteigerung der
Berechnungen [96], effiziente 2- und 3-dimensionale
Integrationsmethoden [97]. Weiterhin werden derzeitig numerische
Anwendungen auf relativistische 2er-Spinor- Formulierungen
angegangen und Transformationen, Globalfaktoren sowie
Extrapolationen in relativistischen atomaren MCDHF-Berechungen (Multi-conguration
Dirac-Hartree-Fock) eingesetzt.
Besonders hervorzuheben sind die Extrapolationserfolge zur
Berechnung von Korrelationsenergien, auch wenn diese bisher nur für
Atome bei FEM-Diskretisierung im Nicht-Full-CI-Fall
durchgeführt wurden. Ohne Verwendung explizit korrelierter Ansätze
konnten z.B. auf MP2-Niveau Korrelationsenergien nahe dem Limes für
eine vollständige Basis mit erstaunlich geringem Aufwand
erhalten werden (im Neon schöpft MP2 99 % der totalen
Korrelationsenergie aus) [98]. Es gibt erste Hinweise, daß sich
auch mit geeignet gewählten Gauß-Basen erheblich bessere
Extrapolationsgewinne erzielen lassen als bisher erreicht. Das
generelle Potential von Extrapolationsmethoden zeigt die
Tatsache, daß auch Streuphasen durch Extrapolation [99] mit
derselben Güte berechnet werden können wie Energien. Ein
besonders attraktiver Aspekt von Extrapolationstechniken ist, daß
sich damit eine hohe Konvergenzordnung erreichen läßt, selbst
wenn die Grundsequenz mit einem Verfahren niedrigster Ordnung (und
damit sehr effizient) berechnet wurde.
Im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms Analysis,
Modellbildung und Simulation von Mehrskalenproblemen" werden
u.a. neue numerische Methoden zur Lösung von partiellen
Differentialgleichungen wie Wavelet-Räume [100] und dünne
Gitter [101] auf ihre Eignung für Vielteilchenprobleme
untersucht [102]. Insbesondere soll bei der Darstellung des
Vielteilchenraums den charakteristischen Längen- und
Energieskalen, der zu beschreibenden chemischen und
physikalischen Prozesse, besser Rechnung getragen werden. Wavelets
verfügen über eine Reihe von für die Quantenchemie potentiell
interessanten Eigenschaften [103]: Sie sind im Orts- und
Impulsraum lokalisiert, es können (bi)orthogonale Basen
konstruiert werden und die Darstellung von Operatoren führt zu dünnbesetzten
Matrizen. Eine Kombination von Wavelets mit dünnen Gittern,
sogenannte hyperbolische Wavelets [104], ermöglicht es
der hochdimensionalen Natur von Vielteilchensystemen gerecht zu
werden. Dabei werden möglichst optimale Skalierungseigenschaften
mit der Systemgröße angestrebt [105]. Adaptive Verfeinerungen
in Bereich des Elektron-Elektron-Cusps tragen den
analytischen Eigenschaften der Wellenfunktion Rechnung [106] und
erlauben eine lokale Beschreibung der Elektronenkorrelation. Während
an der Anwendung dieser Methoden im Rahmen der DFT bereits seit längerem
gearbeitet wird [107], befinden sich derartige Ansätze für die
Vielteilchen-Schrödingergleichung noch in ihren Anfängen. Erste
Resultate für kleine Systeme [102, 108] demonstrieren die
Realisierbarkeit dieses Ansatzes und zeigen seine Entwicklungsmöglichkeiten
auf.
Neben neuen grundlegenden Formulierungen erscheint es nun
unbedingt an der Zeit, die erwähnten Lösungsansätze (in vielen
Fällen skaliert der Aufwand an Rechenzeit und Speicherplatz ohne
Abschneideschranke linear mit der Variablenzahl und der Zahl
explizit mitgenommener Elektronen) möglichst umfassend
umzusetzen, zu erproben und gegebenenfalls mit Programmpaketen
zur Anwendung auf elektronische Systeme zu kombinieren.
2.2 Eigene
Vorarbeiten
Die Antragsteller sowie die unter Punkt 6 aufgeführten
potentiellen Teilnehmer haben jahrelange, teilweise
jahrzehntelange Erfahrungen auf dem Themengebiet des beantragten
Schwerpunktes. Viele grundlegende Beiträge zur Entwicklung der
Theorie und Praxis von Elektronenstrukturberechnungen wurde aus
diesem Personenkreis bzw. ihren Arbeitsgruppen geleistet.
2.2.1
Wellenfunktionsmethoden
Mehrere Antragsteller bzw. potentielle Teilnehmer am Schwerpunkt
sind Autoren oder Co-Autoren bekannter quantenchemischer
Programmsysteme (ACES II, J. Gauss; MOLPRO, H.-J. Werner, H.
Stoll; TURBOMOLE, R. Ahlrichs), auf deren Basis ein großer Teil
der im Schwerpunktprogramm geplanten Methodenentwicklung
stattfinden soll. Umfangreiche Erfahrungen mit Coupled-Cluster-Methoden
(CC) bestehen in zwei Arbeitsgruppen (H.-J. Werner, J. Gauss). CC-Methoden
zur hochgenauen Berechnung von Moleküleigenschaften (Geometrien,
Schwingungsfrequenzen, NMR-Verschiebungen, usw.) wurden in den
letzten Jahren in das Programmpaket ACES II (J.F. Stanton, J.
Gauss) implementiert, während eine Reihe linear skalierender
Korrelationsverfahren (closed-shell LMP2 [32], LC- CSD [33],
LCCSD(T) [34]) zur Behandlung größerer Moleküle in das
Programmsystem MOLPRO (H.-J. Werner, P.J. Knowles) eingebracht
wurden. Desweiteren wurden erste Ansätze zur Berechnung von
First-OrderEigenschaften im Rahmen der lokalen
Korrelationsmethoden (analytische LCC-Gradienten) vorgestellt
sowie Vorarbeiten zur Berechnung von NMR-Verschiebungen im Rahmen
von LMP2 erbracht [109]. Teilweise spin-adaptierte CC-Methoden
wurden für den high-spin Fall entwickelt [110] und liefern fast
identische Ergebnisse zu wesentlich komplizierteren vollständig
spin-adaptierten Verfahren bei nur etwa dreifachem Rechenaufwand
gegenüber vergleichbaren Rechnungen an closed-shell Systemen.
Eine (fast) linear skalierende lokale Variante befindet sich im
Erprobungsstadium (H.-J. Werner).
Complete Active Space Self-Consistent Field (CASSCF) Verfahren
sowie darauf aufbauende Multi-Referenz Configuration Interaction
(MRCI) Methoden [9, 10] bzw. Störungstheoretische Methoden (CASPT2,
CASPT3, MRPT2) [17] wurden kontinuierlich entwickelt (H.-J.
Werner) und sind im Programmsystem MOLPRO implementiert. Eine
Kopplung von MRCI und MRPT2 wurde soeben fertiggestellt und MRPT2/CASPT2-Gradienten
befinden sich im z.Zt. Debugging- Stadium. Die selektierenden
MRCI-Verfahren werden in Deutschland durch drei Arbeitsgruppen
vorangetrieben (R. J. Buenker; B. Engels; S. Grimme) [12, 13] und
wurden auf insbesondere auf spektroskopische Probleme angewendet.
Das Gebiet r12 -abhängiger Wellenfunktionen wurde
insbesondere durch die Arbeiten von W. Kutzelnigg stark
vorangetrieben [111] und wird von anderen Arbeitsgruppen fortgeführt.
So wird z.Zt. eine lokale MP2-Variante entwickelt H.-J. Werner).
Die Erweiterung quantenchemischer Methoden auf periodische
Systeme, d.h. Polymere und Festkörper, wird in mehreren
Arbeitsgruppen (M. Dolg; P. Fulde; H. Stoll; V. Staemmler)
untersucht [35, 112]. So lassen sich mit Hilfe der
Inkrementenmethode bereits hochkorrelierte CC-Berechnungen für
Grundzustandstände von Isolatoren und Halbleitern durchführen.
Erste Ansätze zu korrelierten Berechnungen von Bandstrukturen
existieren ebenfalls (H. Stoll).
2.2.2
Dichtefunktionaltheorie
Die
Antragsteller/Teilnehmer beschäftigen sich seit vielen Jahren
mit dem Konzept impliziter Funktionale (R. M. Dreizler, E. Engel,
E. K. U. Gross), zeitabhängiger DFT (E. K. U. Gross), sowie der
DFT-Beschreibung von Magnetismus (H. Ebert, H. Eschrig). Eine
zentrale Fragestellung beim letztgenannten Themenkomplex ist die
quantitative Behandlung Spin-Bahn-induzierter Eigenschaften. Wie
bereits oben unter 2.1.2 ausgeführt, wurden verschiedene Wege
eingeschlagen um, verglichen mit einer LDA-basierten Rechnung,
die Übereinstimmung mit dem Experiment zu verbessern. Dabei
kamen u.a. die LDA+OP- und LDA+U-Verfahren sowie, erstmals für
magnetische Festkörper, die CDFT zum Einsatz.
Ein weiterer Schwerpunkt der bisherigen Aktivitäten liegt beim
OPM-Verfahren. Hierbei wurde insbesondere eine Vielzahl atomarer
OPM-Resultate erarbeitet [61, 62] sowie das OPM-Konzept auf den
relativistischen Fall erweitert [70, 113, 114]. Auf dieser Basis
wurde das störungstheoretisch abgeleitete Korrelationsfunktional
Ec(2) im Detail analysiert. Dabei zeigte
sich, daß atomare und molekulare Korrelationsenergien von Ec(2)
deutlich überschätzt werden [59]. Außerdem erwies sich eine
direkte selbstkonsistente Anwendung von Ec(2)als
unmöglich [74], da das zugehörige Korrelationspotential uc(2) im asymptotischen Bereich
divergiert. Mittlerweile konnte über eine Closure-Näherung ein
alternatives OPM-Lösungsschema gefunden werden [74], das dieses
Problem behebt und gleichzeitig erstmalig auf atomare
Korrelationspotentiale führt, die die Schalenstruktur des
exakten uc reproduzieren. Eine
eingehendere Analyse steht aber noch aus.
Zur weiteren Untersuchung von Ec(2) wurde
ein molekulares OPM Programm erarbeitet [71, 115]. Anwendungen
auf zweiatomige Moleküle ergaben ein ähnlich zwiespältiges
Bild wie im atomaren Fall: Zum einen ist Ec(2)
das erste Dichtefunktional, das eine realistische,
semiquantitative Beschreibung von Edelgas-Dimeren (als Prototypen
für van der Waals gebundene Systeme) erlaubt [71]. Zum anderen führt
die Existenz von Rydberg-Zuständen im OPM-KS Spektrum dazu, daß
viele Moleküle der ersten Reihe mit dem Störungstheorie-basierten
Ec(2) nicht diskutiert werden können.
Diese Schwierigkeit konnte vor kurzem durch eine Berücksichtigung
der Epstein-Nesbet-Beiträge zu Ec gelöst werden, was explizit
zeigt, daß auch bei impliziten Funktionalen nicht auf die
partielle Resummation der KS-Störungsreihe verzichtet werden
kann.
Die Auswertung von uxc mittels der OPM, sei
es auf einem Gitter oder im Rahmen einer Basis-Entwicklung, ist
deutlich aufwendiger als die Berechnung etwa eines GGA-Potentials.
Daher wurden zwei verschiedene Strategien verfolgt, den nötigen
Rechenaufwand zu reduzieren. Im atomaren Fall wurde von Krieger,
Li und Iafrate (KLI) eine genäherte, semianalytische Näherung
zur vollen OPM vorgestellt [116], die atomare uxc liefert, die sehr gut mit den exakten
OPM- Lösungen übereinstimmen. Die Antragsteller konnten vor
kurzem nachweisen, daß diese Näherung auch im in der Praxis
wichtigeren, molekularen Fall sehr nahe an der vollen OPM-Lösung
liegt [115].
Als weitere Methode zur Effizienzsteigerung von OPM-Rechnungen
bietet sich das Pseudopotential(PP)-Verfahren an. Im Rahmen des
Konzepts normerhaltender PPs [117] wurden deshalb entsprechende
OPM-PPs generiert und an einer Vielzahl von Moleküle sowie
Metallen getestet [118].
Um die Perspektiven einer Beschreibung von hochkorrelierten
Systemen mittels der OPM auszuloten, wurde schließlich im Rahmen
eines Plane-Wave-PP-Zugangs die Bedeutung des exakten Austauschs
für die Bandstruktur von FeO untersucht. Die verbesserte
Darstellung von ux durch die OPM war
jedoch nicht ausreichend, um die AFM-II-Struktur von FeO als
Isolator vorherzusagen: Zwar ergab die Kombination des exakten ux mit der LDA für uc eine deutlich andere Bandstruktur als
die reine LDA oder GGA, der resultierende Grundzustand ist aber
nach wie vor leitend. Dieses Ergebnis betont noch einmal die
Bedeutung einer adäquaten Darstellung der Korrelation.
2.2.3
Dichtematrixmethoden
Eine MatLab-Implementierung des DMRG-Algorithmus für das
quantenchemische Problem, die als Pilotimplementierung zur
Validierung einer Fortran-Neuentwicklung dienen soll, wurde
fertiggestellt und wird z.Zt. erprobt: über erste Anwendungen
wurde auf dem Symposium für Theoretische Chemie 2001 beichtet (B.
A. Heß). Mit dem entwickelten Programm konnte bereits eine full-CI-Rechnung
mit Millihartree-Genauigkeit für 18 Elektronen in 18 Orbitalen
durchgeführt werden. Hierdurch ergibt sich unmittelbar
Anwendungspotential in CASSCF-Rechnungen für aktive Räume, die
mit der klassischen Methodologie nicht zugänglich sind.
Ausgehend von der Dichtematrixtheorie könnten die jüngst
vorgeschlagenen irreduziblen k-Teilchen-Brillouin-Bedingungen (W.
Kutzelnigg) [119] einen Brückenschlag sowohl zur CC-Theorie als
auch zur Dichtematrixfunktionaltheorie ermöglichen, wobei
letztere künftig in Konkurrenz zur DFT treten könnte.
2.2.4 Numerische
Verfahren
Die gegenwärtig durchgeführten Arbeiten zur Approximation
korrelierter Wellenfunktionen mittels Wavelets [102] basieren auf
einer in der Vielteilchentheorie weitverbreiteten Faktorisierung
der Wellenfunktion Y =FF[120].
Hierbei wurde für den Korrelationsfaktor F ein Jastrow-Faktor-artiger
Ansatz in Form einer symmetrischen Funktion im Konfigurationsraum
gewählt. Der antisymmetrische Teil F kann eine beliebige
Linearkombination von Determinanten repräsentieren. Dieser
Ansatz wurde in der Quantenchemie bereits im Rahmen von Quanten-Monte-Carlo
[121, 122] verwendet und ist vergleichbar zum Gutzwiller- Ansatz
der Festkörperphysik [89], sowie zur Fermi-Hypernetted-Chain-Methode
[123, 125] bzw. den Correlated-Basis-Functions [126] bei
Quantenflüssigkeiten. Basierend auf dem Konzept der dünnen
Gitter [101] wird der Korrelationsfaktor F durch eine
Linearkombination von symmetrisierten Wavelet-Tensorprodukten
approximiert. Die Parameter können direkt durch Anwendung des
Rayleigh-Ritz- Variationsprinzips für den Energieerwartungswert
berechnet werden.
Um grundlegende Fragen zur Anwendung der Multi-Skalen-Methoden
auf Vielteilchenprobleme besser untersuchen zu können, wurden
unter anderem exakt lösbare eindimensionale Modellsysteme
untersucht [108]. Diese Modellsysteme sind von ihrem analytischen
Verhalten realistischen Mehrelektronensystemen sehr ähnlich, sie
sind aber einfacher zu implementieren und ermöglichen, Dank
einer explizit bekannten Lösung, eine genaue Analyse des
Approximationsfehlers. Daraus lassen sich Strategien für
nichtlineare Approximationsmethoden [127] entwickeln, welche sich
auf Mehrelektronensysteme übertragen lassen. So konnten z.B. die
Approximationseigenschaften von dünnen Gittern und deren
adaptive Verfeinerungen untersucht werden.
Neben diesen grundlegenden Fragestellungen wird derzeit hauptsächlich
an der Entwicklung und Implementierung effizienter numerischer
Methoden zur Berechnung der bei der oben skizzierten Methode
auftretenden Integrale gearbeitet [102]. Es ergaben sich hierbei
eine Reihe neuer Gesichtspunkte, die teilweise über die
Anwendung in der Quantenchemie hinausreichen. Darunter fällt die
Produktbildung von Funktionen in Wavelet-Räumen. Diese
Problematik tritt u.a. auch bei der Lösung nichtlinearer
Differentialgleichungen mittels Wavelets auf [128, 129].
Ferner ist die Darstellung von Operatoren in Form
schwachbesetzter Matrizen [130] von großer Bedeutung. Hier ist
vor allem die Coulombwechselwirkung zu nennen, deren Berechnung
Analogien zu Integralgleichungen aufweist.
Mit dem derzeit verfügbaren Programm lassen sich kleine Systeme,
wie z.B. das Helium Atom, behandeln. Die hierbei auftretenden Ein-
und Zweielektronen-Integrale sind aber bereits von derselben
Komplexität wie bei grösseren Systemen. Es läßt sich hiermit
auch die Übertragbarkeit von an Modellsystemen gewonnen
Erkentnissen testen. Insbesondere wurden auch Untersuchungen zur
Größenextensivität von dünnen Gittern durchgeführt.
2.3 Wissenschaftliche Ziele
2.3.1
Wellenfunktionsmethoden
Die zentralen
Ziele auf dem Gebiet der WFV sind die weitere Steigerung der
erreichbaren Genauigkeit sowie die Erweiterung des
Anwendungsbereiches dieser Methoden. Im Bereich der CC-Theorie
sind dazu sowohl theoretische, mehrformale Arbeiten notwendig wie
auch die Konzeption und Implementierung neuer, effizienterer
numerischer Algorithmen. Folgende Themenbereiche lassen sich
identifizieren:
a) Implementierung von CC-Methoden mit Berücksichtigung höherer
Anregungen. Da es sich abzeichnet, daß die Mitnahme höherer
Anregungen (z.B. Vierfachanregungen) durchaus notwendig ist, um
quantitative Genauigkeit zu erzielen, ist die Konzeption solcher
CC-Ansätze für das genaue Verständnis der CC-Theorie
erforderlich. Ausgehend von Testrechnungen (im Rahmen von
Pilotprogrammen) sind Ansätze zu entwickeln, wie solche Effekte
zum Beispiel störungstheoretisch berücksichtigt werden können.
Neben Energieberechnungen liegt ein Schwerpunkt bei der genauen
Vorhersage von Moleküleigenschaften, was die Entwicklung
entsprechender analytischer Techniken für die Berechnung von
Ableitungen oder Response-Funktionen bedingt.
b) Formulierung und Implementierung von effizienten CC-Methoden
zur Behandlung offenschaliger Systeme. Wünschenswert ist hier
zum einen die rigorose Formulierung von spin-adaptierten CC-Ansätzen
bzw. die Ableitung wohlbegründeter und leistungsfähiger Näherungen
hierfür sowie ein befriedigender Ansatz zur Beschreibung von
Multi-Referenz-Fällen. Letzterer ist wichtig für die
Beschreibung von Biradikalen oder für die Berechnung ganzer
Potentialhyperflächen, d.h. zwei Bereiche, in der man bislang
noch auf MRCI- oder MRPT2- Rechnungen angewiesen ist. Zur
Etablierung dieser Ansätze ist nicht nur eine rigorose
Formulierung der Theorie mit einer adequaten Behandlung des
Spinproblems erforderlich, sondern vor allem sind auch effiziente
Implementierungen (inklusive analytischer Ableitungen) notwendig.
Dies gilt insbesondere für Low- spin-Fälle.
c) Formulierung und Implementierung von CC-Methoden für die
Berechnung großer Moleküle. Durch die Ausnutzung des lokalen
Charakters der Elektronenkorrelation sollte es möglich sein, CC-Methoden
mit einem deutlich verbesserten Skalenverhalten zu formulieren.
Lokale Korrelationsmethoden stellen hier eine Möglichkeit dar, wünschenswert
wären hier auch Ansätze ohne zusätzliche Annahmen. Wie in
anderen Bereichen der Quantenchemie sollte es möglich sein,
basierend auf rein numerischen Argumenten gekoppelt mit einer
Umformulierung der Algorithmen das Skalenverhalten von CC-Methoden
zu reduzieren und im Idealfall Linear Scaling zu erzielen.
Entsprechende Algorithmen sind nicht nur für die Berechnung von
Energien sondern auch für die Berechnung von Eigenschaften zu
konzipieren und umzusetzen. Insbesondere die Entwicklung lokaler,
möglichst linear skalierender CC-Methoden für open-shell
Systeme ist ein wichtiges Ziel.
Auf dem Gebiet der MRCI-Methoden sollen die intern kontrahierten
sowie die individuell selektierenden Verfahren weiter
vorangetrieben werden. Die Ziele sind hier:
a) Entwicklung und Implementierung von Energiegradienten.
b) Formulierung und Implementierung im Rahmen lokalisierter, ggfs.
sogar nichtorthogonaler Orbitale.
Die lokalen CC- und selektierenden CI-Verfahren sollen
a) mit DFT und/oder semiempirischen Verfahren und/oder
klassischen Kraftfeldmethoden kombiniert werden, um komplexere
Strukturen oder an deren Zentren ablaufende chemische Reaktionen
einer theoretischen Behandlung zugänglich zu machen.
b) mit HF-Programmen für periodische Systeme kombiniert werden,
um routinemäßige korrelierte Wellenfunktionsberechnungen zu ermöglichen.
c) für eine effiziente Behandlung von delokalisierten
Elektronensystemen modifiziert werden, so daß im Grenzfall auch
Metalle behandelbar werden.
2.3.2
Dichtefunktionaltheorie
Als zentrale Aufgabe bei der Weiterentwicklung des OPM-Konzepts
im Rahmen der DFT wird das Auffinden eines universell
einsetzbaren, gleichzeitig jedoch ausreichend effizienten
Korrelationsfunktionals angesehen. Dabei stehen sowohl sehr
grundlegende Fragen zur Lösung an, wie die nach der Existenz des
zugehörigen uc für Funktionale vom
Typ Ec(2), als auch eher technische Punkte,
wie die Erweiterung von Ec(2) durch
geeignete Resummationen.
Für Festkörper wird in erster Linie eine konsistente
Beschreibung magnetischer Eigenschaften angestrebt. Dies soll
insbesondere zu einem Verständnis des orbitalen Magnetismus führen,
wie es bislang für den Spinmagnetismus erreicht wurde. Zu diesem
Zweck sollen zum einen verbesserte Näherungen für das xc-
Funktional konstruiert und eingesetzt werden. Diesbezüglich soll
unter anderem versucht werden, ein Stromdichtefunktional auf der
Basis eines Elektronengases mit Oberfläache, des sogenannten
Airy-Gases [131], zu konstruieren. Zum anderen soll die
grundlegende Frage studiert werden, wie die makroskopische
Magnetisierung eines Festkörpers aus der Kenntnis der
mikroskopischen Stromdichte zugewinnen ist. Berechnet man
letztere unter Vorgabe periodischer Randbedingungen, so wird
sofort ersichtlich, daß die makroskopische Magnetisierung von
der Wahl der Einheitszelle abhängt. Ein analoges Problem besteht
bei der elektrischen Polarisation von Isolatoren. In den letzten
Jahren ist es gelungen [132], die makroskopische elektrische
Polarisation in zufriedenstellender Weise als Berry-Phase zu
berechnen. Ein wichtiges konzeptionelles Ziel ist es daher, eine
entsprechende geometrische Definition der makroskopischen
Magnetisierung zu erarbeiten. Schließlich soll ein DFT-Zugang zu
Luttinger-Flüssigkeiten entwickelt werden.
2.3.3
Dichtematrixmethoden
Die Methodik der Dichtematrixrenormierungsgruppe soll für
praktische Berechnungen implementiert werden, so daß eine neue ab
initio Methode zur Berechnung der Elektronenstruktur von
Molekülen zur Verfügung steht. Sie soll für realistische
Systeme eingesetzt werden. Insbesondere sollen Nahe-Entartungen
behandelt werden in Systemen mit aktiven Räumen, die mit herkömmlichen
ab initio Ansätzen nicht zugänglich sind (mehr als 18
Elektronen in 18 Orbitalen). Für solche Räume soll eine
Methodik entwickelt werden, mit handhabbarem Rechenaufwand die
full-CI-Energie in vorgegebener Genauigkeit (etwa 1 Millihartree
für die Energie) sowie die Dichtematrix erster Ordnung zu
berechnen. Diese Methodik soll auf Übergangsmetallkomplexe und
Actinoidverbindungen angewendet werden, für die es in der Regel
notwendig ist, aktive Räume der genannten Größe zu handhaben.
Mit dem neu entwickelten Programm sollen die bisher unbekannten
Konvergenzeigenschaften sowie die erreichbare Genauigkeit und
Effzienz der Methode in Abhängigkeit der Systemparameter
untersucht werden.
2.3.4 Numerische
Verfahren
Die Anwendung von Multi-Skalen-Methoden in der Quantenchemie
erfordert ein paralleles Vorgehen hinsichtlich der physikalischen
und numerischen Aspekte. Es können einerseits die bekannten
Energie- und Längenskalen physikalischer Prozesse direkt auf die
Methode übertragen werden, andererseits ist es möglich an Hand
von Rechnungen, nützliche Erkenntnisse über die Wechselwirkung
von physikalischen Prozessen auf unterschiedlichen Skalen zu
gewinnen. Für erfolgreiche Anwendungen ist eine numerisch
effiziente Implementierung jedoch von mindestens ebenso großer
Bedeutung. Auch hier bieten Multi-Skalen-Methoden eine Reihe
neuer Möglichkeiten, die einer genaueren Analyse unterzogen
werden sollen.
Die oben beschriebene Faktorisierung der Wellenfunktion Y= FF läßt sich physikalisch durch die
unterschiedlichen Längenskalen der Korrelationseffekte begründen.
Während der Faktor F besonders gut zur Beschreibung der
kurzreichweitigen Korrelation geeignet ist, kann F die langreichweitigen Fastentartungseffekte gut
beschreiben. Im Rahmen des gegenwärtig durchgeführten
Forschungsprojekts wird die Multi-Skalen-Analyse nur zur
Beschreibung des Korrelationsfaktors F verwendet. Es bietet sich
nun an, die Multi-Skalen-Darstellung auf die gesammte
Wellenfunktion Y zu erweitern, wobei FF als Ausgangspunkt dienen soll. Hierzu erscheint die
Auxiliary-Field-Monte-Carlo-Methode (AFMC) [133, 134]
besonders geeignet. Sie entspricht im wesentlichen einem Random-Walk
auf einer Mannigfaltigkeit von Slaterdeterminanten [135]. Der
stochastische Prozess startet mit FF als
Ausgangsverteilung und erreicht im asymptotischen Grenzfall eine
Verteilung welche der Full-CI-Wellenfunktion im Raum der
Slaterdeterminanten entspricht. Diese Methode wurde bisher hauptsächlich
im Rahmen von Hubbard-Modell-Rechnungen für stark korrelierte
Systeme angewendet [136] und ist zur Beschreibung von
Fastentartungseffekten geeignet. Es gibt auch eine Reihe von
Anwendungen für Atome und Moleküle [137, 144, 145], welche die
Nützlichkeit dieser Methode in der Quantenchemie belegen. Die
AFMC-Methode läßt sich mit der faktorisierten Wellenfunktion
kombinieren [137]. Es ist zu erwarten, daß hierbei insbesondere
die Kopplung von lang- und kurzreichweitigen Korrelationen
verbessert wird. Gerade dies wäre aber von zentraler Bedeutung für
die Beschreibung stark korrelierter Moleküle, wie sie z.B. bei
Übergangsmetallverbindungen vorkommen.
2.3.5 Synergieeekte
Die letzten Jahre haben gezeigt, daß die ursprünglich
weitgehend getrennten Entwicklungen von Wellenfunktionsverfahren
(molekulare Quantenchemie) und Dichtefunktionalverfahren (Festkörperphysik)
zum gegenseitigen Nutzen miteinander verzahnt werden können. Die
ausgesprochen großen Erfolge moderner Para- metrisierungen von
Austausch- und Korrelationsdichtefunktionalen in der angewandten
Quantenchemie (Computational Chemistry) sind unübersehbar.
Um die schlechte Konvergenz der Ergebnisse von
Wellenfunktionsmethoden auf Grund des Elektron-Elektron-Cusps
zu verbessern, ist bereits versucht worden,
Dichtefunktionalmethoden (kurzreichweitige Korrelation) mit
Wellenfunktionsmethoden (langreichweitige Korrelation) zu
kombinieren[138]. Weiterhin können KS- Orbitale aus
Dichtefunktionalberechnungen, z.B. aus OPM-Rechnungen, als Basis
für ab initio CC-Berechnungen verwendet werden. Erste
Ergebnisse weisen auf eine beschleunigte Konvergenz der CC-Ergebnisse
hin. Andererseits kann Know-how aus
Wellenfunktionsmethoden auch auf Dichtefunktionalverfahren
angewendet werden, z.B. können Møller-Plesset-artige
Entwicklungen als Orbitalfunktionale im Rahmen des OPM-Verfahrens
formuliert werden[139]. Weiterhin kann aus hochgenauen, aus CC-
oder CI-Rechnungen gewonnenen Dichten für ausgewählte Systeme
durch Invertierung der KS-Gleichungen das nahezu exakte KS-Potential
numerisch gewonnen werden, so daß die gebräuchlichen
Approximationen kalibriert werden können[140]. Schließlich
bietet die o.a. Kombination von Wellenfunktions- und
Dichtefunktionalverfahren auch Ansatzpunkte zur Konstruktion von
Multi Referenz-KS-Verfahren.
Neben der Verzahnung der beiden großen Bereiche
Wellenfunktionsverfahren und Dichtefunktionalverfahren bestehen
auch Verbindungen zu bis heute weniger gebräuchlichen Methoden für
Elektronenstrukturberechnungen. So sind z.B. Quanten-Monte-Carlo-Berechnungen
auf möglichst exakte, jedoch kompakte
Mehrkonfigurationswellenfunktionen angewiesen[141], andererseits
dienten Quanten-Monte-Carlo-Berechnungen am freien Elektronengas[142]
zur Parametrisierung von Korrelationsdichtefunktionalen[143].
Diese unvollständige Aufzählung einzelner Beispiele
verdeutlicht, daß die mit diesem Schwerpunkt angestrebte
gemeinsame Methodenentwicklung mit dem damit verbundenen
gegenseitigen Verstehen und voneinander Lernen zu nachhaltigen
Fortschritten auf dem Gebiet der Elektronenstrukturberechnungen führt.
2.4 Methodische und
thematische Eingrenzung
Der geplante Schwerpunkt umfaßt die Fachgebiete Theoretische
Chemie (Quantenchemie), Theoretische Physik (Theoretische Atom-,
Molekül- und Festkörper- physik, Mathematische Physik) und
Angewandte Mathematik (Numerische Mathematik).
Die Arbeiten sollen sich explizit auf die Theorie der
Elektronenstruktur von Atomen, Molekülen, Clustern, Polymeren
oder Festkörpern und aus ihr ableitbarer Eigenschaften beziehen.
Im Mittelpunkt steht die Entwicklung neuer Methoden für
quantitative Berechnungen. Die zu fördernden Ansätze sollen
durch einen unverkennbaren first-principles Charakter
gekennzeichnet sein. Semiempirische Ansätze aus der
Quantenchemie (MNDO, AM1, PM3, u.a.) oder der Festkörperphysik (Heisenberg-,
Hubbard-Modelle, u.a.) sind ebensowenig Teil des Schwerpunktes
wie rein anwendungsorientierte Untersuchungen mit Routinemethoden
und Standardprogrammen (Computational Chemistry).
Experimentelle Arbeiten sollen im Rahmen des Schwerpunktes nur in
solchen Fällen ausgeführt werden, in denen ihre Ergebnisse in
direktem Zusammenhang mit der Überprüfung eines neu
entwickelten theoretischen Verfahrens notwendig erscheinen.
Entsprechende Zusammenarbeiten zwischen theoretischen und
experimentellen Gruppen sollen individuell und zielgerichtet
eingegangen werden.
2.5 Arbeitsprogramm und Vorgehensweise
2.5.1
Wellenfunktionsverfahren
Neue CC-Methoden zur Behandlung offenschaliger Systeme (High-spin-
und Low- spin-Fälle) sollen ausgearbeitet und in das
Programmpaket ACES II (Mainz) implementiert werden. Im gleichen
Programmsystem sollen desweiteren CC-Ansätze mit expliziter Berücksichtigung
höherer Anregungen (Vierfachanregungen) zur hochgenauen
Berechnung von Moleküleigenschaften eingebracht werden. Für die
lokalen Korrelationsmethoden ist geplant, im Rahmen des
Programmpaket MOLPRO (Stuttgart,Birmingham) analytische
Energieableitungen für die Berechnung von Moleküleigenschaften
(z.B. NMR-Verschiebungen) zu implementieren. Daneben ist
vorgesehen, die lokalen Ansätze für offenschalige High-spin-Zustände
zu erweitern. Die Effizienz der lokalen Methoden soll durch Einführung
von RI-Näherungen (Resolution of the Identity) die
Integralberechnungen in der lokalen Basis weiter gesteigert
werden. Daneben soll eine explizite Abhängigkeit der
Wellenfunktion vom interelektronischen Abstand (r12 -Verfahren)
implementiert werden.
Die Entwicklung und Implementierung von Energiegradienten für
individuell selektierende MRCI-Verfahren soll im Rahmen des
DIESEL (Bonn, Würzburg) CI-Programmpaketes verwirklicht werden.
Außerdem soll untersucht werden, ob ein auf der Basis
lokalisierter Orbitale entwickelter Energiegradient Vorteile
bringt.
Wellenfunktionsverfahren für ionische und kovalente Festkörper
sollen durch eine Kopplung von HF-Programmen für Festkörper, z.B.
CRYSTAL (Turin), WANNIER (Bonn, Stuttgart), und quantenchemischen
Programmen mit effizienter CC-Korrelationsbehandlung, z.B. MOLPRO
(Stuttgart, Birmingham), COLUMBUS (Columbus, Wien), ACES II (Gainesville,
Mainz) im Rahmen der Inkrementenentwicklung der
Korrelationsenergie in der Basis lokalisierter Orbitale ermöglicht
werden. Eine Erweiterung auf Systeme mit delokalisierten
Elektronen, insbesondere Metalle, soll durch Verwendung nicht-orthogonaler
besetzter Orbitale versucht werden.
2.5.2
Dichtefunktionaltheorie
Zunächst soll die Tragfähigkeit der bisher für die
Problembereiche der DFT erarbeiteten Lösungsvorschläge im
Rahmen exemplarischer Anwendungen kritisch untersucht werden. Darüber
hinaus sollen die mathematischen Grundlagen der OPM für
Funktionale vom Typ Ec(2) einer sorgfältigen
Überprüfung unterzogen werden. Damit soll vor allem geklärt
werden, ob die asymptotische Divergenz des zugehörigen uc aus der involvierten physikalischen Näherung
resultiert, oder ob sie mathematischer Natur ist, d.h. eine
Erweiterung des OPM-Konzepts erforderlich ist. Dazu sollen die
mathematischen Implikationen der Kombination der OPM mit der KS-Störungstheorie,
insbesondere die Bedeutung der u-Darstellbarkeit
sowie der rekursiven Definition der Ausgangspunkts der KS-Störungstheorie,
analysiert werden. Wir erhoffen uns, auf diese Weise auch einen
Hinweis auf verbesserte Formen von orbital-abhängigen Ec zu
erhalten.
Des weiteren sollen die verschiedenen Erweiterungen von Ec(2)
(RPA, ISI, Epstein-Nesbet-Resummation) im Detail untersucht
werden. Die RPA sowie die ISI sollen in einem vorhandenen
molekularen OPM-Code implementiert und zusammen mit der bereits
vorliegenden Epstein-Nesbet-Resummation an Molekülen der ersten
Achterperiode sowie, unter Verwendung von OPM Pseudopotentialen,
an den kritischeren Übergangsmetallverbindungen getestet werden.
Closure-artige Näherungen auf der Basis dieser
Funktionale sollen in Hinblick auf eine Effizienzsteigerung
untersucht werden. Nach erfolgreichen Kalibrierungsrechnungen für
Moleküle soll die RPA in ein vorhandenes Plane-Wave-PP-Programm
implementiert und auf FeO und CoO angewendet werden.
Auf dem Gebiet der DFT für Festkörper steht die Berechnung
magnetischer Grundzustandseigenschaften sowie magneto-optischer
Eigenschaften von d- und f- Systemen auf verbesserter
theoretischer Grundlage im Vordergrund, u.a. im Full-
potential-Modus [146]. Möglichkeiten zur Behandlung
ungeordneter Systeme [147] sollen ebenso betrachtet werden wie
die Weiterentwicklung und Anwendung von relativistischen
Verfahren [148] zur Berechnung von Größen, die durch den
orbitalen Magnetismus bestimmt werden, wie z.B. die Anisotropie
im Bahnmoment, die magnetokristalline Anisotropieenergie und die
Anisotropie in der Valenzband- Magnetooptik sowie der Röntgen-Magnetooptik.
Um die Existenz und Eigenschaften von realen System mit möglichem
Luttinger- Flüssigkeitsverhalten genauer zu untersuchen, sollen
DFT-basierte GW-Rechnungen [149] für metallische
Kettenverbindungen durchgeführt werden.
2.5.3
Dichtematrixverfahren
Für die Methodik der DMRG im Rahmen der Quantenchemie soll ein
effizientes Programm geschrieben werden, das für Rechnungen an
Molekülen realistischer Größe eingesetzt werden kann. Es
sollen Eigenschaften des Verfahrens wie Konvergenzkontrolle und
Genauigkeitskontrolle in Abhängigkeit der Systemparameter wie
Orbitalsatz und Reihenfolge der Renormierungsschritte untersucht
werdern. Es sollen Moleküle mit CAS-Räumen der Größenordnung
von etwa 20 Elektronen in 20 Orbitalen der Berechnung zugänglich
gemacht werden.
2.5.4 Numerische
Verfahren
Ähnlich wie beim Diffusion-Monte-Carlo wird bei der AFMC-Methode
die Grundzustandswellenfunktion durch Anwendung des Operators exp
(-Ht ) im asymptotischen Grenzfall t ? 8 auf eine genäherte Lösung erhalten. Mit Hilfe
einer Hubbard-Stratonovitch-Transformation [150] für die
Coulombwechselwirkung läßt sich dieser Operator in ein
hochdimensionales Integral transformieren, welches im Integranden
nur noch effektive, von Hilfsvariablen abhängige,
Einteilchenoperatoren enthält. Die AFMC-Methode soll in einer
auf Wavelets basierenden Multi-Skalen-Darstellung
implementiert werden. Hierzu müssen numerisch effiziente
Verfahren zur Berechnung von Matrixfunktionen der
Einteilchenoperatoren [151], unter Verwendung der speziellen
Eigenschaften von Wavelets, entwickelt werden. Es soll
auch untersucht werden, inwieweit die Methode der dünnen Gitter
zur Berechnung der hochdimensionalen Integrale über die
Hilfsvariablen [152] verwendet werden kann. Falls für den
Korrelationsfaktor F eine geeignete Hubbard-Stratonovitch-Transformation
existiert, ist es möglich die faktorisierte Wellenfunktion Y = FF als Startwellenfunktion zu
verwenden. Dies würde eine beträchtliche Steigerung der
numerischen Effizienz bedeuten, da die AFMC Rechnung dank der
besseren Startwellenfunktion schneller konvergiert.
3 Verhältnis zu anderen Programmen
Schwerpunktprogramme der DFG
SPP 470 Zeitabhängige Phänomene und Methoden in Quantensystemen der Physik und Chemie (1995 - 2001): Das SPP umfaßt die Gebiete Theoretische Physik und Theoretische Chemie, sowie ausgewählte experimentelle Projekte. Es werden Anre- gungs- und Ionisierungsprozesse von Atomen oder die Dissoziation von Molekülen in starken Laserfeldern untersucht. Das hier vorgeschlagene SPP schließt die Behandlung zeitabhängige Phänomene nicht aus, hat diese jedoch nicht als primäre Zielrichtung.
SPP 1073 Kollektive Quantenzustände in eindimensionalen Übergangsmetallverbindungen (seit 1999): Das SPP umfaßt die Gebiete Festkörperchemie und die theoretische Festkörperphysik. Es werden dort bevorzugt Modell-Hamiltonoperatoren für theoretische Untersuchungen eingesetzt. Die DFT wird lediglich ggf. zur Bestimmung der Modellparameter benutzt. Die im hier vorgeschlagenen SPP gestellten Aufgaben sind komplementär zu jenen des SPP 1073.
SPP 1095 Analysis, Modellbildung und Simulation von Mehrskalenproblemen (seit 2000): Das SPP beschäftigt sich mit der mathematischen Analyse der Wechselwirkungen von Effekten auf unterschieldlichen Zeit- und Längenskalen. Ziel ist die Entwicklung neuer analytischer Verfahren und deren Anwendung auf spezielle praktische Probleme, wobei Elektronenstrukturberechnungen nur ganz am Rande berücksichtigt werden. Im hier vorgeschlagenen SPP bildet die Anwendung von Mehrskalenmethoden wiederum nur einen Aspekt unter vielen, d.h. die Themen der beiden SPP sind grundlegend verschieden.
Sonderforschungsbereiche der DFG
Kein derzeitig laufender SFB entspricht der Thematik des beantragten Schwerpunktprogrammes.
Forschungsprogramme der EU
Die aufgeführten EU-Programme und TMR/RTN-Netzwerke befassen sich mit Teilgebieten des beantragten Schwerpunktprogrammes. Überlappungen bestehen zu dem RTN-Netzwerk THEONET II, welches jedoch wesentlich breiter angelegt ist und u.a. auch Spektroskopie und Dynamik chemischer Prozesse zum Thema hat. Keines der Programme bzw. Netzwerke stellt jedoch die interdisziplin&127 are Methodenentwicklung in den Mittelpunkt, sondern sie befassen sich im wesentlichen mit Anwendungen und Weiterentwicklungen einzelner Methoden (z.B. DFT) für ein spezielles Gebiet (z.B. magnetische Festkörper).
-ESF-Programme Electronic Structure Calculations for Elucidating the Complex Atomistic Behaviour of Solids and Surfaces (STRUC): (1998 2002).
-TMR-Netzwerk ab initio Calculations of Magnetic Properties of Surfaces, Interfaces and Multilayers (9/1996 - 8/2001). Aus dem Teilnehmerkreis beteiligt: S. Blügel, I. Mertig, P. H. Dederichs, L. Sandratskii, H. Ebert, J. Kübler.
-RTN-Netzwerk Theoretical Studies of Electronic and Dynamical Processes in Molecules and Clusters (THEONET II): (2000 - 2004). Aus dem Teilnehmerkreis beteiligt: H.-J. Werner.
-TMR-Netzwerk Molecular Properties and Molecular Materials (MOLPROP): (5/2000 - 5/2003). Aus dem Teilnehmerkreis beteiligt: J. Gauss.
-RTN-Netzwerk Computational Magnetoelectronics: (10/2000 - 9/2004). Aus dem Teilnehmerkreis beteiligt: S. Blügel, I. Mertig, P. H. Dederichs, L. Sandratskii, H. Ebert.
4 Internationale Zusammenarbeit
Festkörperphysik:
Quantenchemie:
Dichtefunktionaltheorie:
5 Programmausschuß
Prof. Dr. Michael Dolg,
Institut für Physikalische und Theoretische Chemie, Rheinische
Friedrich-Wilhelms- Universität Bonn, Wegelerstr. 12, 53115
Bonn,
Tel (0228) 73-3839, Fax (0228) 73-9066,
e-mail dolg@thch.uni-bonn.de
Prof. Dr. Hubert Ebert,
Institut für Physikalische Chemie, Ludwig-Maximilians-Universität
München, Butenandtstraße 5-13, 81377 München,
Tel (089) 2180-7583, Fax (089) 2180-7584,
e-mail Hubert.Ebert@cup.uni-muenchen.de
Priv.-Doz. Dr. Eberhard
Engel,
Institut für Theoretische Physik, Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt, Robert-Mayer-Straße 8-10, 60054 Frankfurt/Main,
Tel (069) 798-23308, Fax (069) 798-28354,
e-mail engel@math.uni-frankfurt.de
Prof. Dr. Jürgen Gauss,
Institut für Physikalische Chemie, Universität Mainz, Jakob-Welder-Weg
11, 55099 Mainz,
Tel (06131) 392-3736, Fax (06131) 392-3768,
e-mail gauss@slater.chemie.uni-mainz.de
Prof. Dr. Eberhard K. U.
Gross,
Institut für Theoretische Physik, Freie Universität Berlin,
Arnimallee 14, 14195 Berlin
Tel (030) 838-54784, Fax (030) 838-55258
e-mail hardy@physik.fu-berlin.de
Prof. Dr. Bernd Artur Heß,
Lehrstuhl für Theoretische Chemie, Friedrich-Alexander-Universität
Erlangen-Nürnberg, Egerlandstr. 3, 91058 Erlangen,
Tel (09131) 85-27766, Fax (09131) 85-27736,
e-mail hess@chemie.uni-erlangen.de
Prof. Dr. Hans-Joachim
Werner,
Institut für Theoretische Chemie, Universität Stuttgart,
Pfaffenwaldring 55, 70569 Stuttgart,
Tel (0711) 685-4401, Fax (0711) 685-4442,
e-mail werner@theochem.uni-stuttgart.de
6 Teilnehmer
Die aufgefuhrten AK-Leiter haben ihr Interesse am geplanten Schwerpunktprogramm bekundet und beabsichtigen eine aktive Teilnahme.
Prof. Dr. R. Ahlrichs | (Theor. Chemie, Universität Karlsruhe) |
Prof. Dr. P. E. Blöchl | (Theor. Physik, Universität Clausthal) |
Prof. Dr. S. Blugel | (Theor. Physik, Universität Osnabrück) |
Prof. Dr. L. Cederbaum | (Theor. Chemie, Universität Heidelberg) |
Prof. Dr. P. H. Dederichs | (Forschungszentrum Jülich) |
Prof. Dr. F. M. Dolg | (Theor. Chemie, Universität Bonn) |
Prof. Dr. H. Ebert | (Phys. Chemie, Universität München) |
Priv.-Doz. Dr. E. Engel | (Theor. Physik, Universität Frankfurt) |
Prof. Dr. H. Eschrig | (Institut für Festkorper- und |
Werkstofforschung,Dresden) | |
Prof. Dr. P. Fulde | (Max-Planck-Institut für Physik |
komplexer Systeme, Dresden) | |
Prof. Dr. J. Gauss | (Theor. Chemie, Universität Mainz) |
Priv.-Doz. Dr. A. Görling | (Theor. Chemie, Techn. Universität München) |
Prof. Dr. M. Griebel | (Angew. Mathematik, Universität Bonn) |
Prof. Dr. S. Grimme | (Theor. Organ. Chemie, Universität Münster) |
Prof. Dr. E. K. U. Gross | (Theor. Physik, Universität Würzburg) |
Prof. Dr. W. Hackbusch | (Max-Planck-Institut für Mathematik |
in den Naturwissenschaften, Leipzig) | |
Prof. Dr. B. A. Heß | (Theor. Chemie, Universität Erlangen) |
Prof. Dr. I. Mertig | (Theor. Physik, Universität Halle) |
Priv.-Doz. Dr. C. Ochsenfeld | (Theor. Chemie, Universität Mainz) |
Prof. Dr. N. Rösch | (Theor. Chemie, Techn. Universität München) |
Priv.-Doz. Dr. L. Sandratskii | (Theor. Physik, Max-Planck-Institut für |
Mikrostrukturphysik, Halle) | |
Prof. Dr. R. Schneider | (Mathematik, Techn. Universität Chemnitz) |
Prof. Dr. M. Springborg | (Theor. Chemie, Universität Saarbrücken) |
Prof. Dr. H. Stoll | (Theor. Chemie, Universität Stuttgart) |
Prof. Dr. W. Thiel | (Max-Planck-Institut für Kohlenforschung, |
Mülheim) | |
Prof. Dr. H.-J. Werner | (Theor. Chemie, Universität Stuttgart) |
Prof. Dr. C. van Wüllen | (Theor. Chemie, Techn. Universität Berlin) |
7 Schätzung des Mittelbedarfs
Begründung zum Stellenbedarf:
Es wurde von einer Stelle pro teilnehmende Arbeitsgruppe (maximal 30) ausgegangen. Im Rahmen des Schwerpunktprogramms sind insbesondere Entwicklungsarbeiten an theoretischen Verfahren vorgesehen, die in vielen Fällen ein selbstständiges fächerübergreifendes Arbeiten sowie tiefgehende Erfahrungen bei der Implementierung von Computer-Programmen erfordern. Diese Aufgaben sind sehr arbeits- und zeitintensiv und können von Doktoranden, insbesondere in der Anfangsphase ihrer Tätigkeit, normalerweise nicht geleistet werden. Daher soll etwa die Hälfte der beantragten Personalmittel für volle Stellen zu Verfügung stehen, um z.B. Post-Doktoranden mit den hierfür notwendigen Kenntnissen zu beschäftigen.
8 Gründe für die Förderung des Programms
Quanteneffekte spielen heute bei
vielen modernen technologischen Entwicklungen eine zentrale
Rolle, z.B. bei der Speicherung, Übertragung und Verarbeitung
von Informationen bzw. beim Design dafür eingesetzter
Materialien und Bauelemente. Die elektronische Struktur der
Materie (Atome, Moleküle, Cluster, Polymere und Festkörper) läßt
sich jedoch nur im Rahmen der Quantentheorie verstehen, aus ihr
resultierende Eigenschaften lassen sich nur mit Hilfe
entsprechender quantentheoretischer Verfahren quantitativ
berechnen bzw. verläßlich voraussagen. Effiziente und
universell einsetzbare quantentheoretische Methoden sind daher für
große Teile der Chemie und Physik von hoher Bedeutung. Das
Einsatzgebiet von entsprechenden für reine Anwender konzipierten
Routineverfahren bzw. Standardprogrammpaketen reicht jedoch weit
über die Chemie und Physik hinaus: so können mit modernen
Verfahren bereits Fragestellungen aus der Bio- und
Materialforschung erfolgreich angegangen werden. Selbst eine first-principles
Behandlung so komplexer Systeme wie Proteine scheint, durch die
Kombination quantentheoretischer Verfahren mit klassischer
Molekulardynamik, nunmehr in Reichweite zu sein.
Die Entwicklung neuer quantentheoretischer Ansätze und die
weitere systematische Verbesserung bestehender bereits
erfolgreicher Methoden ist ein Teil der naturwissenschaftlichen
Grundlagenforschung. Mehr denn je ist hierbei eine interdisziplinäre
Zusammenarbeit zwischen theoretischer Chemie,theoretischer
Physik, angewandter Mathematik sowie praktischer Informatik
notwendig. Ein aktuelles Beispiel einer erfolgreichen Synergie
zwischen ursprünglich weitgehend getrennten Arbeitsgebieten
stellen die Entwicklungen der Wellenfunktionsverfahren und der
Dichtefunktionaltheorie dar. Während es lange Zeit kaum eine
echte Kommunikation zwischen der Wellenfunktionsverfahren-Welt
der Quantenchemiker und der Dichtefunktionaltheorie-Welt der
Festkörperphysiker gab, findet inzwischen doch ein reger
Gedankenaustausch statt, der für beide Seiten sehr fruchtbar ist.
Während in der Dichtefunktionaltheorie-Gemeinde die Bereitschaft
wächst, von den Wellenfunktionsverfahren zu lernen, sobald die
Dichtefunktionaltheorie an ihre Genauigkeitsgrenzen stößt (Stichwort
implizite Funktionale), versucht die Wellenfunktionsverfahren-Gemeinde
ihrerseits von der Dichtefunktionaltheorie zu lernen, wie man mit
möglichst geringem Aufwand auch für große Systeme noch gute
Ergebnisse erzielen kann (Stichwort linear scaling). Auf
beiden Seiten besteht der Wunsch, den begonnenen Informations-
und Erfahrungsaustausch weiter zu intensivieren.
Neben diesen bei Elektronenstrukturberechnungen bereits
etablierten Verfahren müssen neue Ansätze formuliert und
ausprobiert werden, die ggf. mittel- bzw. langfristig zu einer
Vergrößerung des Einsatzgebietes bzw. einer Erhöhung der
Genauigkeit quantentheoretischer Methoden führen. Diese
Neuentwicklungen sind mit den Erfahrungen von zumeist nur auf
einem Gebiet spezialisierten Arbeitsgruppen nur sehr schwer zu
leisten. Insbesondere ist hierfür eine enge Zusammenarbeit
zwischen anwendungsorientierten Mathematikern auf der einen sowie
theoretischen Chemikern bzw. Physikern auf der anderen Seite
notwendig. Bei der Umsetzung neuer Ideen in leistungsfähige
Computerprogramme sind schließlich die Beiträge von
Informatikern gefragt. Neben der Entwicklung und Implementierung
erfolgversprechender innovativer Ansätze sowie der
systematischen Verbesserung und Perfektionierung bereits jetzt
erfolgreicher Verfahren sollen durch Arbeiten im Rahmen des
beantragten Schwerpunktprogramms jedoch auch Lücken im
grundlegenden theoretischen Verständnis gefüllt werden. Ein
Beispiel ist der Magnetismus in exotischen" Festkörpern,
deren Bedeutung in dem sich rasch entwicklenden Gebiet der
Magneto-Elektronik unbestritten ist. Das Überprüfen neuer
theoretischer Vorstellungen durch Vergleich mit experimentellen
Daten ist dabei jedoch nur möglich, wenn neue Ansätze im Rahmen
hochgenauer Rechenverfahren implementiert werden können.
Der Stellenwert einer gezielten und systematischen
Methodenentwicklung läßt sich heute - auch auf dem Gebiet der
Theorie - kaum überschätzen. Leistungsfähige theoretische
Verfahren sind nützliche Werkzeuge für zukünftige Anwender aus
vielen Bereichen. Neu entwickelte erfolgversprechende Methoden
werden in international verbreitete Programmpakete implementiert
(z.B. ACES II, MOLPRO, TURBOMOLE) und einem weiten Nutzerkreis
zugänglich gemacht. Der first-principles Charakter
macht die Verfahren in der Regel universell einsetzbar, d.h. der
Anwendungsbereich ist nicht an ggf. nur vorübergehend moderne"
Systeme beschränkt. Oftmals ist er nicht einmal von Anfang an völlig
überschaubar und hängt teilweise vom speziellen Interesse und
vom Ideenreichtum der späteren Anwender ab. Eine
Methodenentwicklung auf dem Gebiet der
Elektronenstrukturberechnungen hat somit auch nachhaltige
Auswirkungen auf andere Forschungsgebiete. Insbesondere die ab
initio Verfahren bieten aber auch eine Basis für ein
tieferes Verständnis physikalischer und chemischer Vorgänge, da
nur sie eine quantitative Prüfung unserer Vorstellungen und
Modelle ermöglichen.
Die Entwicklung theoretischer Verfahren erfordert, im Vergleich
zu experimentellen Arbeiten, i.a. weitaus weniger hohe
finanzielle Investitionen in Gerätschaften, ist jedoch
personalintensiv. Eine Investition in die Aus- und Forbildung von
Doktoranden und Postdoktoranden ist jedoch auch als zukunftsträchtig
zu sehen. Langfristig helfen theoretische Methoden sogar häufig
Kosten sparen, da durch ihre Vorhersagekraft in vielen Fällen
Experimente auf Basis theoretischer Rechnungen gezielter
aufgebaut und durchgeführt werden können. Ohne
Weiterentwicklungen im Bereich der Theorie sind mögliche
Fortschritte in den auf diese Methoden und ihre Ergebnisse
angewiesenen Arbeitsgebieten gefährdet.
International nehmen deutsche Arbeitsgruppen mit eine führende
Stellung auf dem Gebiet der Elektronenstrukturberechnungen ein,
eine fächerübergreifende Zusammenarbeit zwischen den einzelnen
Arbeitsrichtungen kommt jedoch nur gelegentlich zustande. Lokale
Zusammenschlüsse von Forschungsgruppen, z.B.
Sonderforschungsbereiche, können die Situation nicht verbessern,
da i.a. nicht Vertreter aller relevanten Arbeitsgebiete vor Ort
sind und die Hauptaufgabe der Theorie häufig eher auf
Anwendungen liegt. Wir meinen, daß die Anstrengungen von
Arbeitsgruppen aus unterschiedlichen Gebieten (Chemie,
Informatik, Mathematik, Physik) für eine bessere theoretische
Beschreibung der Materie nur im Rahmen eines DFG-Schwerpunktprogrammes
erfolgreich gebündelt werden können. Ein solches
Schwerpunktprogramm trägt zum gegenseitigen Kennen- und
Verstehenlernen bei und bildet somit auch einen
Kristallisationskeim für weitergehende interdisziplinäre
Kooperationen.
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